35 Jahre Symposium
Intensivmedizin + Intensivpflege
Unsere Säulenverantwortlichen der Bereiche Intensivmedizin, Intensivpflege, Anästhesie, Notfallmedizin, Krankenhaus - Management + Perspektive, Modern Campus und Master Class haben die größten Fortschritte, Herausforderungen und Innovationen in der medizinischen Praxis und Wissenschaft beleuchtet und blicken auf die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte zurück. Sie geben Einblicke in die spannenden Meilensteine, die das Fach geprägt haben.
Im Mittelpunkt stand schon immer der interprofessionelle Austausch zwischen Ärzt:innen, Pflegenden, Wissenschaftler:innen und Expert:innen aus verschiedenen Disziplinien. Das Symposium in Bremen soll auch die nächsten 35 Jahre den Raum bieten, um sich auszutauschen, aktuelle Trends zu diskutieren und einen Blick in die Zukunft der Gesundheitsversorgung zu werfen.
Intensivmedizin
Was das junge Gebiet der Intensivmedizin betrifft, stellen die letzten 35 Jahre einen sehr spannenden Abschnitt dar. So sind seitens der Industrie enorme technologische Fortschritte erzielt worden, nicht nur in der elektronischen Überwachung von wichtigen Vitalfunktionen oder bei den ergänzenden Point-of-Care-Messungen, sondern vor allem bei ausgefeilten Techniken zur Unterstützung oder dem Ersatz geschädigter oder ausgefallener Organsysteme. Unsere modernen Respiratoren und Systeme zum extrakorporalen Lungenersatz sind nur ein Beispiel hierfür.
Aber auch für die Pflege wurde seitens der Industrie hilfreiche Innovationen für eine gute Versorgung schwerkranker Patienten entwickelt und etabliert. In medizinischer und wissenschaftlicher Hinsicht waren die letzten 35 Jahre von zahlreichen Highlights, und von einigen heftigen Kontroversen geprägt. Fortschritte wurden in Bremen in klassischen „State-of-the-Art-Sitzungen“ präsentiert und diskutiert, zum Teil interaktiv mit TED-Systemen oder auch in kleineren Formaten. Aber auch kontroverse Themen wurden nie ausgeklammert. Denken wir nur an die über Jahre geführten Kontroversen zur intensivierten Insulintherapie, zum Einsatz von Hydroxyäthylstärke bei kritisch Kranken, zur Rolle von Steroiden bei septischem Schock, und zuletzt zum richtigen klinischen Einsatz extrakorporaler Lungenunterstützungssysteme.
Für viele engagierte Menschen rund um die Intensivmedizin, seien sie in der Pflege, in der Medizin oder in der Industrie tätig, ist das Bremer Symposium ein festes Datum im Jahreskalender und wird es bleiben. Denn die große Stärke des Symposiums war von Anfang an das interprofessionelle Konzept.
Ihr Prof. Dr. Briegel
Bildnachweis: Prof. Dr. Briegel
Intensivpflege
Die Säule Pflege umfasst über die aktuellen und fachpraktischen Themen im Bereich der speziellen Anästhesie- und Intensivpflege hinaus zahlreiche Themen und Themengebiete, die dieses Arbeitsfeld betreffen. Dazu gehören und gehörten über die letzten 35 Jahre u. a.: Pflegemanagement, Selbstpflege der Pflegenden, Burnout, Stressbewältigung, Gewalt in der Pflege, juristische Fragestellungen, Pflegepädagogik, Berufspolitik, Bildungspolitik und Bildungskonzepte. Auch Workshops zu Kinästhetik und Basale Stimulation sind fester Bestandteil des Programms.
Mit der fortschreitenden Akademisierung der Pflege fanden nicht nur zunehmend pflegewissenschaftliche Beiträge und Studienberichte Eingang ins Symposium, sondern seit 2010 wurde auch - ergänzend zum fachpraktischen - der pflegewissenschaftliche Hansepflegepreis fest eingerichtet.
Unter den Highlights der vergangenen Jahre war sicher eines der Auftritt von Eckart von Hirschhausen in der alljährlichen und besonders beliebten Sitzung „Humor in der Pflege“, die von vielen unserer Teilnehmer:innen immer auch als Beitrag und Motivation zur Selbstpflege und gegenseitigen Wertschätzung wahrgenommen wird.
Ihr Herr Jungblut
Bildnachweis: Erstellt mit ChatGPT, OpenAI.
Anästhesie
Im Rahmen eines Symposiums für Intensivmedizin und Intensivpflege konzentriert sich die Säule Anästhesie auf ausgewählte spannende Thema wie Anästhesie bei schweren Einschränkungen der Herz-Kreislauffunktion, Transfusion und Hämotherapie, die Anästhesie in der Geburtshilfe und auf die periphere Regionalanästhesie mit Ultraschall. So wird der kardiale Risikopatient in all seinen Facetten beleuchtet, von der Evaluation der zugrundeliegenden Erkrankung über die wirklich relevanten Risiken, die Möglichkeiten der präoperativen Verbesserung, übergehend zur Auswahl des Anästhesieverfahrens und die Möglichkeiten des Monitorings – einfach, erweitert, nicht-invasiv und invasiv, aber auch was bringt das und ist nicht weniger oft mehr.
Die Transfusionsmedizin wurde 1998 durch das Transfusionsgesetz und seine Normen reglementiert und ein Qualitätsmanagement wurde zwingend eingeführt. Diese strukturellen Verbesserungen führten 10 Jahre später zum Patient Blood Management und zu einem völlig neuen Blick auf die Indikationen zur Transfusion von Blut und Blutprodukten.
Die Anästhesie zur Geburtshilfe hatte sich ab den 80-er Jahren total verändert. Unterzogen sich damals die meisten Patientinnen mit Kaiserschnitt noch einer Vollnarkose, trat hier die rückenmarksnahe Regionalanästhesie ihren Siegeszug an. Heute ist die Vollnarkose nur noch besonderen Notfall- und Risikopatienten vorbehalten und der Periduralkatheter mit Ropivacain und Sufentanil hat in unendlich vielen Fällen die Schmerzen und die tiefen Falten auf der Stirn der werdenden Mütter in ein Lächeln unter den Wehen verzaubert. Trotzdem bleibt die Anästhesie in der Geburtshilfe eine Herausforderung, ganz besonders in den glücklicherweise seltenen Fällen der peripartalen atonischen Blutungen, dem HELLP-Syndrom und der Plazentaanomalien.
Die digitale Technik hat den Ultraschall vom Kaffeesatz-Lesen zu einem für alle Anästhesist:innen einfach zu nutzenden visuellen Tool werden lassen. Es begann Ende der 90-er Jahre mit der Transösophagealen Echokardiographie, die tiefe Einblicke in die Pathophysiologie der komplexen Herzkreislaufstörungen ermöglichte. Einige Jahre später konnten Ultraschallgeräte die periphere Regionalanästhesie aus seinem Dornröschenschlaf erwecken. Seitdem werden die Bilder immer schärfer, die Einsichten und das Verständnis von Blockade haben sich teilweise völlig verändert und wir werden jedes Jahr von neuen Verfahren überrascht.
Ihr Prof. Dr. von Knobelsdorff
Bildnachweis: Prof. Dr. Kuckelt
Notfallmedizin
Auch wenn der Beginn des Bremer Symposiums in der Intensivmedizin lag, wurde schon bald klar, dass die Notfallmedizin nicht nur fest zur Intensivmedizin gehört, sondern dass sie auch im Rahmen des Symposiums einen festen Platz beanspruchen durfte. Waren es zunächst nur einzelne in das Programm eingestreute Vorträge, wurde die erste vollständige Sitzung der Notfallmedizin im Jahr 1997 mit dem Thema „Intensivmedizin am Notfallort“ angeboten.
Im Jahr 2000 mit der Einführung der Programmsäulen und den Tracks, die es zuließen, Programmschwerpunkte zu besuchen, wurde die Notfallmedizin zu einem unverzichtbaren Standbein im Programm des Symposiums. Ganz nach dem Motto: „Die Intensivmedizin auf die Straße bringen“ wurden und werden in Vorträgen, Pro- und Con-Sitzungen und TED Sitzungen praxisnahe, aber auch aktuelle Themen behandelt.
Mit inzwischen bis zu 14 Sitzungen ist die Notfallmedizin heute nicht nur fest im Programm verankert, sondern stellt auch einen herausragenden Schwerpunkt dar. Die Notfallmedizin entwickelt sich in vielen Bereichen inhaltlich und strukturell weiter. So haben sich zahlreiche Behandlungsstandards etabliert.
Die Einführung des “Notfallsanitäters” in Deutschland trägt dazu bei, den Mangel an ärztlichem Personal ohne Versorgungslücken auszugleichen. Der Aufbau von Telemedizin erlaubt es, dass erfahrene Notärzte Rettungskräfte zu unterstützen und Diagnosen stellen, ohne selbst vor Ort sein zu müssen. Dadurch verbessert sich die Patientenversorgung vor allem in ländlichen Gebieten.
In der Zukunft können tragbare Geräte wie Smartwatches helfen, medizinische Notfälle frühzeitig zu erkennen und automatisch Notfalldienste zu benachrichtigen. Eine Steigerung der Qualität in der Ausbildung durch die Anwendung von Virtual Reality scheint möglich.
Den wissenschaftlichen Anspruch unterstreichen der Hanse-Preis für Intensivmedizin und die Hanse-Promotionspreise, bei denen nicht nur intensivmedizinische Fragestellungen bearbeitet werden, sondern auch notfallmedizinische Untersuchungen im klinischen wie im experimentellen Bereich vorgestellt werden.
Ihr Prof. Dr. Tonner
Bildnachweis: Dr. Andreas Callies
Krankenhaus
Management + Perspektive
Symposium Intensivmedizin Bremen 2025 feiert den 35. Geburtstag!
Immer wieder im Norden im häufig nebligen Februar…..finden Sich knapp 5000 Menschen zusammen, deren Passion die Intensivmedizin ist. Im Mittelpunkt steht für alle Professionen, ob Mediziner, ob Pflegekräfte, ob Therapeuten oder Industriepartner die bestmögliche Versorgung der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten. Dass hierzu mehr als die Individualleistung des Einzelnen gehört, spüren viele. Neben Wissen und Kompetenz des Einzelnen, neben Leitlinien und technischen Voraussetzungen, sind es eben auch die Strukturen, in denen wir arbeiten und die uns stützen, aber auch hemmen. Und die wir als Einzelne häufig nicht überwinden können.
Aus diesem Grund widmet sich der Track Krankenhaus – Management und Perspektive seit über einem Jahrzehnt strukturellen Fragestellungen des Krankenhausmanagement. Fragen - nach der richtigen Kalkulation des Personalbedarfes, nach Konzepten zur besten Größe und Aufbau von Intensivstationen, nach den Mechanismen der interprofessionellen Zusammen- und Führungsarbeit, Fragen nach guten Strukturen zur Bewältigung von Pandemien und Fragen zur Auswirkung von Reform-Gesetzgebungsverfahren auf die Intensivmedizin. Immer mit dem Blick darauf, wichtige Hinweise für gute Strukturen und Entwicklungen der Intensivmedizin zu geben und so die Arbeit aller Einzelakteure zu unterstützen und erfolgreich zu machen!
Ganz in diesem Sinne werden auch in 2025 die Sitzungen des Track Krankenhaus -Management und Perspektive im Jubiläumsjahr diesen Fragenstellungen folgen. Wir freuen uns auch im 35. Geburtstagsjahr auf den gemeinsamen Gedankenaustausch und lebhafte Diskussionen.
Ihre
Dr. Klöss
PD Dr. Iber
Bildnachweis: iStock/Feodora Chiosea
Master Class
Warum fahre ich seit 32 Jahren immer wieder nach Bremen und das im Februar!?
Wir vergessen bisweilen, dass Krankenhaus ein Mannschaftssport ist. Patientenversorgung funktioniert nur gut, wenn alle Beteiligten als eingespieltes Team agieren, das gilt in besonderem Maße für die Intensivmedizin: in kaum einem anderen Bereich arbeiten ärztliche, pflegerische und therapeutische Kolleginnen und Kollegen so eng miteinander und tun dies auf Augenhöhe! Das Bremer Intensivsymposium wurde dieser Tatsache von Anbeginn an gerecht und der Satz: „hier ist für jeden etwas dabei“ wird in Bremen tatsächlich gelebt. Egal welcher Berufsgruppe man sich zugehörig zählt und egal mit welcher Berufserfahrung man beseelt ist, jeder wird in Bremen interessante Sitzungs- und Lehrformate finden.
In den vergangenen 35 Jahren hat sich die Intensivmedizin dramatisch weiterentwickelt, dies gilt sowohl für die Strukturen der Intensivstationen als auch für die Prozesse der Intensivmedizin und –pflege, man denke hier stellvertretend für vieles an das Management des Delirs, der Sepsis oder des Beatmungsweaning. Qualität ist darüber hinaus messbarer geworden, was den fachlichen Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren erleichtert, man denke hier an die DIVI Qualitätsindikatoren oder das Peer Review. Diese Weiterentwicklungen lassen sich nur schwer verbreiten, wenn die Leitungskräfte auf Intensivstationen kein Forum finden, in dem ihre Bedürfnisse nach guten Ideen für den Alltag befriedigt werden. In diesem Kontext habe ich das Format der Bremer Master Class für mich entdeckt. Einer der innovativen Ideengeber in der Intensivmedizin, Hanswerner Bause aus Hamburg Altona, hat sie aus der Taufe gehoben. In diesem kleinen „Stuhlkreis“ finden sich über zwei Vormittage ärztliche und pflegerische Intensivfachleute zusammen, die auf ihren jeweiligen Intensivstationen Verantwortung tragen. Die Themen der Master Class sind stets innovativ und inspirierend, sodass die Teilnehmer:innen der Master Class in die Lage versetzt werden, über den Tellerrand des Alltags hinaus Perspektiven für die Weiterentwicklung ihrer Intensivstation zu entwickeln. Der Stuhlkreis der Master Class bietet den ca. 25 Teilnehmer:innen die Möglichkeit, intensiv mit den Referierenden zu diskutieren oder eigene Erfahrungen auszutauschen. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer wird in aller Regel mit guten Ideen sein Heimatkrankenhaus bereichern. Die Tatsache, dass viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Master Class häufiger besuchen, spricht für sich.
Seit einigen Jahren haben Stephan Loer aus Amsterdam und ich, Jan-Peter Braun, die Organisation der Master Class von Hanswerner Bause übernommen und wir freuen uns sehr, diese innovative Traditionsveranstaltung zu gestalten. Nach der Master Class ist vor der Master Class: wir sammeln jeweils die guten Ideen der Beteiligten ein und formen daraus die Meisterklasse des jeweils nächsten Jahres.
Fazit:
Bremen im Februar lohnt sich jedes Jahr aufs Neue, gemeinsam mit alten und neuen Kolleginnen und Kollegen….
Ihr PD Dr. Braun
Modern Campus
Modern Campus ist seit 2002 eine der tragenden Säulen des Symposiums. Damals entstand die Idee, einem jüngeren Publikum die Türen nach Bremen durch das damals noch in den Kinderschuhen steckende Training am Simulator zu öffnen. Seitdem wurde das Spektrum der Workshops immer mehr erweitert, so dass nun vom Advanced Life Support über Kommunikationstechniken bis zum Crew Ressource Management ein breites Angebot entstanden ist. Hinzu kommen Train-the-Trainer Angebote, um Multiplikator:innen für die Aus- und Weiterbildung zu schulen.
Ergänzend zu den Workshops, in denen das Praxistraining im Vordergrund steht, haben sich im Rahmen von Modern Campus auch Sitzungen etabliert, in denen die Herausforderungen der Zukunft von namhaften Expert:innen diskutiert werden. Das bisherige Themenspektrum erstreckte sich von der konkreten Verbesserung der Arbeitsbedingungen über Möglichkeiten der Personalgewinnung bis zur Gesundheitsversorgung der Zukunft.
Besonders stolz sind wir auf den interdisziplinären und interprofesionellen Charakter unserer Veranstaltungen, der sich auch darin widerspiegelt, dass von bisher ca. 5500 Teilnehmenden über 50% Pflegende waren.
In den vergangenen 22 Jahren haben wir es geschafft, in einem Team von Referierenden und Anleitenden aus der gesamten Bundesrepublik moderne Lehr und Lernmethoden auf dem Symposium zu etablieren und die Erfahrungen aus den Veranstaltungen an unsere jeweiligen Arbeitsstätten mitzunehmen. Dies ist uns Ansporn für die nächsten 35 Jahre des Symposiums.
Bildnachweis: Prof. Dr. Olaf Ahlers